Lebendige Geschichte
Eloy sind seit den frühen 70er Jahren eine Progressive Rock-Institution, gefühlvolle Klangpassagen wechseln sich mit dramatischen Rockparts ab, anspruchsvolle Keyboards bilden den Kontrast zu markanten Gitarren. Es liegt nun mit „Echoes From The Past“ der dritte Teil ihrer Jeanne d’Arc-Trilogie vor, der erste Part von „The Vision, The Sword And The Pyre“ ist 2017 erschienen und der zweite Part 2019. „Echoes From The Past“ beschreibt die Sicht von Jean de Metz auf seine Zeit als Begleiter von Jeanne d’Arc (1412–1431). Eloy-Mastermind Frank Bornemann stand in Hannover hierzu Rede und Antwort.
Du hast eine Trilogie zum Thema Jeanne d’Arc komponiert. Wie bist du auf das Thema gekommen und was hat dich daran fasziniert?
Ich bin 1990 mit meiner Ehefrau in Paris gewesen, wir haben dort unseren Hochzeitstag gefeiert. Notre-Dame haben wir uns dann auch angesehen und ich musste feststellen, dass einige Kardinäle dort in ihren Gruften mehr Kerzen bekommen hatten als die französische Nationalheilige Jeanne d’Arc. Ich habe da entsprechend gegengesteuert und auch für sie Kerzen aufgestellt. In der Kirche war dann auch eine berührende Sängerin zu hören, die Jeanne d’Arcs Texte gesungen hat. Das hat mich tief bewegt und mich zu dieser Thematik gebracht.
Musstest du dich tiefer in die Thematik einarbeiten, bevor du dich ans Werk gemacht hast?
Ich hatte direkt nach dieser ersten Erfahrung den Song „Jeanne d’Arc“ vom „Destination“-Album komponiert und hatte danach Angst, dass die Historiker mir mein Bild von Jeanne d’Arc zerstören, wenn ich mich tiefer einarbeite. Meine Frau hat mir damals dann historische Literatur zukommen lassen, und ich musste feststellen, dass meine Ideen zum Song sogar komplett stimmten. Dann ist es später in der Diskussion gewesen, dass ich die Musik zum „Company Of Angels“-Film beisteuere, der sich ebenfalls mit der Thematik befassen sollte, Sinéad O’Connor hat dann auf ihrer US-Tournee den Papst beleidigt, der Film wurde dann schlussendlich abgesagt. Der Song „Company Of Angels“ vom „The Tides Return Forever“-Album war dann aber die Konsequenz aus der Entwicklung. Ich bin dann Musikverleger der Guano Apes gewesen, was mich viel Zeit gekostet hat, sodass sich die Realisation des „Jeanne d’Arc“-Projektes lange hingezogen hat. Danach habe ich mich aber noch intensiver in die Thematik eingearbeitet und mich auch mit einigen Historikern ausgetauscht, alles ist in die Arbeit der drei Teile eingeflossen. Mir hat das alles großen Spaß bereitet und ich bin dadurch zum Jeanne d’Arc-Experten geworden.

Wie unterscheiden sich die drei Teile thematisch voneinander?
Bei den ersten beiden Teilen handelt es sich um reines historisches Storytelling, ich war da stark an die Geschichte gebunden. Ich habe mir Kinderchöre und weitere Musiker hinzugeholt, aber auch orchestrale Parts eingebunden. Bei „Echoes From The Past“ habe ich nun den Part von Jean de Metz übernommen und die Dinge so geschildert, als wäre ich er selbst gewesen, ich hatte hier mehr Freiheiten. Die drei Teile haben sich aber nach und nach ergeben, ich hatte keinen Masterplan als ich mit den Aufnahmen begonnen hatte.
Könnte es sein, dass „Echoes From The Past“ rockiger ausfällt als die ersten beiden Parts?
Ja, das ist richtig, aber ich hatte es nicht geplant, es hat sich spontan ergeben. Ich wollte den dramaturgischen Aspekt hervorheben, Klaus-Peter Matziol [Bass, Anm.] und Stephan Emig [Drums, Anm.] hatten ihre Freiräume.
Wird es eine Aufführung des gesamten Werkes mit eurer Musik auf der Bühne geben?
Ja, das war schon zur Corona-Zeit angedacht, aber mir fehlte noch ein Schlusspunkt wie „Echoes From The Past“. Ich habe in Frankreich eine tolle Schauspielerin gefunden, die auch Jeanne heißt, sie kommt auch aus dem gleichen Ort wie Jeanne d’Arc und hat auch ihr Alter. Sie wird bei dem Song „Fate“ auf einem Video mitwirken, das werden wir bald drehen. Langfristig ist es mein Ziel das gesamte Stück aufzuführen, aber nicht im Rahmen eines gängigen Musicals, das ist mir zumeist zu kitschig, mir schwebt dabei vielmehr die Idee des Spectacle Musical vor. Das ist ein Theater, mit normal gesprochenen Dialogen, die aber durch Musik umrahmt werden.
Früher konnten die anderen Eloy-Musiker Texte und musikalische Ideen beisteuern. Wie ist es bei dieser Trilogie gewesen? Hatten die anderen Musiker auch Einfluss auf die Kompositionen?
Wenn ich die Ideen von ihnen gut finde, dann können sie diese auch einbringen. Wir treffen uns halt nicht mehr an einem Ort, so wie früher. Es hat sich nun so eingependelt, dass ich der alleinige Komponist bin. Mir ist es dabei wichtig, dass mein Englisch gut ist und da verlasse ich mich, z.B. auch auf Steve Mann [Keyboards, Anm.], denn der ist ja Engländer und berät mich manchmal.
Ihr habt zuvor bereits einige Konzeptalben aufgenommen. Was reizt dich generell künstlerisch an Konzeptalben im Vergleich zu Alben mit individuellen Songs? Was sind die Vor- und Nachteile?
Ich bin mit Bands wie Jethro Tull, Pink Floyd, Yes und Genesis aufgewachsen, daher reizen mich komplex-anspruchsvolle Themen und auch entsprechende Bühnendarstellungen. Daher kommt zum Beispiel auch die Maske, die ich auf der letzten Tour getragen habe, das hatte Peter Gabriel in den 70ern bereits eingeführt. Ein Album mit individuellen Songs eröffnet einem allerdings mehr musikalische Freiheiten, weil man sich nicht an ein striktes Konzept halten muss.
In verschiedenen Abschnitten eurer Karriere hat sich die Band jeweils erneuert. Wie hat sich das so ergeben?
Man konnte nach einer gewissen Zeit immer eine Müdigkeit spüren. Bei „Power And The Passion“ hatten wir einen Produzenten, mit dem wir nicht mehr klarkamen und einige Musiker wollten dann ohne mich weitermachen. Die drei Musiker, die dann ab „Dawn“ mitgewirkt haben, haben zwar musikalisch sehr gut funktioniert, aber sie waren menschlich sehr unterschiedlich, es passte dann nicht mehr. Mit dem Line-up, das mit „Colours“ folgte, waren wir auch sehr erfolgreich und haben zum Schluss tolle Konzerte in England gespielt. Irgendwann hatte jeder ein Ego, du konntest dich noch so klein machen, wie du wolltest, aber es ging nicht mehr. Ich habe nichts gemacht, was die anderen nicht wollten, aber es sollte dann nicht mehr sein.
Wird es auch Live-Auftritte von euch geben?
Die Frage kommt gelegentlich von der Fan-Community. Momentan besteht die Band lediglich als Studioprojekt. Klaus-Peter Matziol wäre gesetzt, denn ohne den geht gar nichts, Steve Mann könnte ich noch aufführen. Die Keyboarder Michael Gerlach und Hannes Folberth betreiben Musik nur noch als Nebenprojekt und haben andere berufliche Tätigkeiten, Stephan Emig ist hauptsächlich Studiomusiker. Momentan kann ich dazu nicht mehr sagen.
Das Interview wurde für die aktuelle Ausgabe des Hardline-Magazins geführt.