CANDLEMASS – Interview mit Leif Edling (2022)

Die Schweden Candlemass sind seit Mitte der 80er Jahren das Flaggschiff des Epic Doom Metals, sie haben das musikalische Erbe von Black Sabbath in Ehren gehalten und dabei in eine neue Form gebracht. Es hat viele Umbesetzungen in der langen Geschichte der Band gegeben, Mastermind Leif Edling (Bass, Vocals) ist dabei die einzige personelle Konstante. Mittlerweile bestehen Candlemass aber wieder ausschließlich aus Mitgliedern, die der frühen Phase des Quintetts angehört haben, das im November erscheinende Album „Sweet Evil Sun“ wirkt sicherlich auch deshalb wie aus einem Guss. Leif Edling erläutert die Hintergründe des sehr gelungenen Albums.

Rock Bottom: Hallo Leif, ihr werdet im November euer neues Album „Sweet Evil Sun“ veröffentlichen. Was steht hinter diesem interessanten Album-Titel? Handelt es sich um ein Konzept-Album?

Leif Edling: Es ist kein Konzept-Album, aber ein paar Songs, insbesondere der Titel-Track, befassen sich mit großen Hoffnungen, Ehrgeiz, Erfolgsstreben und auch dem Scheitern. Es geht aber auch um den momentanen Zustand der Welt, denn wir haben überall anti-demokratische Kräfte am Werk. Wenn wir uns nicht wehren, dann leben wir bald unter einer „bösen Sonne“ für viele Jahre. Ich möchte nicht unter dieser Sonne leben, die zwar Glanz verspricht, aber dir dafür den freien Willen raubt.

Rock Bottom: Es ist ein heavy Album mit großartigen Songs geworden, es ist Doom Metal mit einem Lächeln im Gesicht und einer positiven Einstellung. Wie schwer ist es solche tollen Songs nach ca. 40 Jahren zu komponieren? Kannst den Kompositionsprozess für dieses Album mal beschreiben?

Leif Edling: Von der positiven Einstellung weiß ich nichts, haha, aber egal. Es hat ein Jahr gedauert bis die Demos fertiggestellt waren, es war eine harte Arbeit und es war nicht immer leicht die Sessions fortzuführen. Danach haben wir mit den eigentlichen Aufnahmen in den NOX-Studios, nördlich von Stockholm, begonnen, das hat ca. 4 Monate gedauert.

Rock Bottom: Wie weit geht der Einfluss deiner Mitstreiter beim Songwriting, Komponieren und Arrangieren?

Candlemass - Band 2022
Candlemass – 2022

Leif Edling: Ich schreibe die Songs selbst, sowohl die Musik als auch die Texte. Ich arbeite viel mit Demos, um es so hinzubekommen, wie ich es mir vorstelle, aber dabei sollen mich möglichst wenige Leute beeinflussen. Der Produzent Marcus Jidell hat immer ein Wort mitzureden, danach können meine Kollegen die Songs bewerten. Manchmal werden von ihnen dann einige Tracks kritisiert, die es dann nicht auf das Album schaffen, der Rest wird dann so verwendet, wie ich es komponiert habe.

Rock Bottom: „Sweet Evil Sun“ hat eine ausgewogene Produktion und klingt bombastisch. Wie wichtig war Marcus Jidell zum zweiten Mal als Produzent?

Leif Edling: Ich bin mir nicht sicher, ob der Begriff „bombastisch“ treffend ist. Es ist Epic Doom Metal, mit mehr Metal als sonst. Ich denke auch, dass die Songs dieses Mal noch besser geworden sind als zuvor. Marcus ist sehr engagiert gewesen im Studio und hat wertvolle Sichtweisen zu den Songs, dem Sound und der gesamten Produktion beigetragen, er war sehr wichtig. Ronny Lahti hat einen fantastischen Job beim Mix hingelegt und Patrick Engel hat mit dem superben Mastering für den letzten Schliff gesorgt.

Rock Bottom: Es sind Keyboards im Hintergrund der Songs wahrnehmbar. Wie wichtig sind Keyboards für eure Musik generell?

Leif Edling: Keyboards sind nicht wichtig für unsere Musik. Auf „Sweet Evil Sun“ sind mehr Keyboards zu hören als sonst, live verwenden wir bisher keine Keyboards, möglicherweise werden wir aber welche zukünftig auf Tour einsetzen. Auf dem Album sind sie eher als dezente Stilelemente an einigen Stellen zu verstehen.

Rock Bottom: Die meisten Songs sind 5-7 Minuten lang, nur der Titel-Song ist relativ kurz, eingängig und radiotauglich. Ist das Absicht gewesen?

Leif Edling: Ja, der Song ist mir spontan eines Tages eingefallen und ich hatte dazu keine weiteren musikalischen Ideen mehr. Der Song war gleich komplett und man braucht ja auch nicht zwanghaft Dinge hinzufügen, nur um es komplex zu machen. Am nächsten Tag haben wir das Stück gleich aufgenommen, es hat großartig geklungen.

Rock Bottom: „When Death Sighs“ hat einen einzigartigen Gesangsstil von Johan, er wird dabei von Jennie-Ann Smith unterstützt. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?

Leif Edling: Wir waren der Meinung, dass der Chorus eine zusätzliche Stimme zu Johans Stimme benötigt. Jennie ist uns dann in den Sinn gekommen, denn sie ist die Sängerin von Avatarium, es hat gleich mit ihr funktioniert und „Klick“ gemacht.

Rock Bottom: „Scandinavian Gods“ basiert auf einem komplexen Drum-Rhythmus. Wie seid ihr zu dem Song gekommen?

Leif Edling: Es hat einige Monate gedauert bis der Song fertiggestellt war, es ist ein Zusammenschnitt von bekannten Bands, z. B. Slayer, Queen und Judas Priest, aber das Stück hat trotzdem seinen eigenen Stil.

Rock Bottom: Wie würdest du den musikalischen Fortschritt von „Epicus Doomicus Metallicus“ zu „Sweet Evil Sun“ beschreiben?

Leif Edling: Viele sagen, dass „Epicus“ bereits meine beste Arbeit gewesen ist. Möglicherweise entwickele ich mich mit dem Fortschritt im Songwriting zurück? Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich überhaupt entwickelt habe, haha.

Rock Bottom: Alle aktuellen Candlemass-Musiker gehörten schon zu den ersten Besetzungen aus den Jahren 1986/87. War es für die kreative Arbeit hilfreich, sie alle wieder beisammen zu haben? Habt ihr nun das endgültige Line-up gefunden?

Leif Edling: Ja, es ist super sie alle wieder dabei zu haben und wir fühlen uns wie Teenager, die die Welt erobern wollen. Es ist immer noch klasse, gemeinsam zu touren und Alben aufzunehmen. Ich habe keine Vorstellung, wie lange wir das alles noch machen können. Auf jeden Fall kennen wir uns alle gut, fühlen uns wohl und haben Spaß dabei. Was will man mehr?

Rock Bottom: Euer letztes Studio-Album „The Door To Doom“ hatte einen Gast-Auftritt von Tony Iommi von Black Sabbath. Habt ihr immer noch Kontakt? Mag er Candlemass?

Leif Edling: Wir hatten nie direkten Kontakt, aber er hat „Astorolus” gemocht, denn wir hatten ihm den Song zukommen lassen und gefragt, ob er mitmacht. Er war bereit ein Solo beizusteuern und er hat es super hinbekommen, ich bin stolz Tony auf einem meiner Songs dabei gehabt zu haben. Vor einigen Jahren war es im Gespräch, dass wir als Support von Black Sabbath touren, aber es hat leider nicht sein sollen.

Rock Bottom: Es gibt viele Sub-Genres des Heavy Metal, wie z. B. Thrash Metal, Death Metal, Black Metal, Speed Metal. Wie schwer ist es für eine Doom Metal Band, Aufmerksamkeit und Erfolg zu erzielen? Ist es schwerer als in den anderen Sub-Genres, wie siehst du das?

Leif Edling: Ich kann es nicht genau sagen, denn wir haben Aufmerksamkeit und Erfolg, ich kann mich nicht beschweren. Es hat immer Phasen gegeben, wo es für uns nicht so gut gelaufen ist, aber wenn man stur genug ist, seine musikalische Überzeugung zu leben, dann kommt der Erfolg trotzdem. Wenn man sich nur am Trend oder der Mode orientiert, dann kann man damit zwar Erfolg haben, aber der wird dann auch schnell wieder vergehen.

Rock Bottom: Gibt es bei euch Tour-Pläne? Wird es auch Gigs in Deutschland geben?

Leif Edling: Auf jeden Fall, denn bei euch gibt es viele Doom Metal Fans und wir werden immer gerne in das Land des leckeren Bieres und der Knödel zurückkommen.

Dieses Interview wurde für die September 2022-Ausgabe des Hardline-Magazins geführt. Die Review des Albums findet Ihr im Beitrag zuvor.

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